Enterprise Content Management System
Digitalisierung

Serie: Enterprise Content Management System

Teil 1: Status Quo und Auswahl eines Enterprise Content Management Systems

Die Welt der Informationstechnologie ist voll von (vor allem) dreistelligen Akronymen, die in aller Regel die Kommunikation vereinfachen sollen. Wenn Kommunikation vereinfacht werden soll, geht dies allerdings oft zulasten der Klarheit. „ECM“ ist ein solches Akronym. Eigentlich ist Enterprise Content Management (ECM) bezüglich des Funktionsumfangs relativ klar definiert: die Komponenten und Techniken dienen der Erfassung, Verwaltung, Speicherung, Bewahrung und Auslieferung von Inhalten.

Die mangelnde Klarheit ergibt sich hier vor allem aus den unterschiedlichen Werkzeugen, die dem Themenbereich Enterprise Content Management zugeordnet werden: eine schnelle Suche nach den internationalen Hauptakteuren fördert bspw. Adobe, Microsoft und IBM zutage, aber eben auch Firmen wie Hyland und OpenText. Zusätzlich erheben auch Angebote wie Box oder Dropbox den Anspruch, ECM Werkzeuge zu sein. Daraus ist eine große Spreizung der inhaltlichen Angebote ersichtlich und damit die Gefahr, bei einer oberflächlichen Betrachtung die sprichwörtlichen Äpfel mit ebensolchen Birnen zu vergleichen.

In diesem Artikel liegt der Fokus auf ECM-Systemen für Dokumentendaten, die diese Dokumente revisionssicher archivieren, eine Strukturierung der Ablage mittels Akten unterstützen und Automatisierungsmöglichkeiten im Sinne von Prozessmanagement bereitstellen. Die Betrachtung setzt den Schwerpunkt auf den deutschen Markt, berücksichtigt allerdings auch relevante internationale Hersteller.

Diese dreiteilige Blog-Serie orientiert sich am Lebenszyklus der Softwareauswahl und -einführung. Im ersten Teil werden einige Aspekte der Auswahl betrachtet, konkret der Scope der zu suchenden Lösung sowie inhaltliche Themen der Ausschreibung. Im zweiten Teil wird detaillierter auf einzelne Einflussfaktoren eingegangen, welche bei einer ECM-Plattform maßgeblichen Einfluss auf den Erfolg der Einführung haben. Der dritte Teil beleuchtet Erfolgsfaktoren für das Einführungsprojekt.

Allgemeiner Rahmen

Da sich unter der Bezeichnung ECM sehr viele unterschiedliche Lösungen mit sehr unterschiedlichen Einsatzschwerpunkten und Funktionen tummeln, sollte man sich im Vorfeld auf der Basis funktionaler und/oder prozessualer Anforderungen ein klares Bild vom relevanten Marktsegment verschaffen, und entsprechende Angebote im Rahmen einer Vorauswahl identifizieren.

Zielsetzung und Umfang

Jede Antwort kann nur so gut sein wie die Frage, die gestellt wurde. Eigentlich eine Binsenweisheit, aber trotzdem wird in der Praxis häufig aus unterschiedlichsten Gründen keine klare Zielsetzung für die Einführung eines Systems formuliert. Die im Vorfeld angesprochene Ambiguität der Abkürzung ECM kann dies noch verstärken, da durch die Lösungen eben sehr unterschiedliche „Antworten“ gegeben werden.

Wie in den allermeisten Fällen fängt die Formulierung der Frage im Business-Umfeld an, abgeleitet aus aktuellen und/oder strategischen Potenzialen. Zu diesem Zeitpunkt befindet man sich sinnvollerweise noch auf einer Ebene, die vollkommen lösungs- und herstellerneutral ist. Die daraus gewonnenen Anforderungen sollten unbedingt in einem größeren Kontext betrachtet werden; speziell im Bereich der Bewirtschaftung von Inhalten tummeln sich in aller Regel bereits diverse Lösungen in Unternehmen. In diesem Zusammenhang kann ein solides Enterprise Architecture Management unterstützen. Durch eine ordentliche Anforderungsanalyse werden nicht nur aufgrund der Auswahl einer wirklich passenden Lösung Ressourcen gespart, sondern auch in der Einführungsphase durch klare Abgrenzungen zu den Umsystemen.

Ausschreibungsinhalte

Je nach Reifegrad der formulierten Anforderungen kann eine Ausschreibung für eine Lösung funktionale sowie prozessuale Aspekte beinhalten, oder idealerweise beides. Zu beachten sind in beiden Fällen die Vor- und Nachteile der entsprechenden Ausrichtung:

  • Rein funktionale Kriterien eignen sich bspw. in Situationen, in denen die konkreten Nutzungsszenarien noch nicht vollständig geklärt sind. Es können detaillierte Angaben zu den gewünschten Lösungsbausteinen und deren Eigenschaften ausformuliert werden, die dann allerdings auch ausreichend klar und vollständig sein müssen: bspw. wäre das Kriterium „Muss Single Sign On unterstützen“ zu ungenau, da es die konkrete Art der Umsetzung (OpenID? SAML 2.0? …) offenlässt.
  • Prozessuale Kriterien beschreiben den Ablauf von Vorgängen innerhalb der Lösung, und sinnvollerweise zu vom Prozess betroffenen Umsystemen. Je detaillierter der Prozess bereits in dieser Phase beschrieben ist, desto konkreter können bspw. Angebotsunterlagen und -präsentationen durch Anbieter ausfallen und auch Kostenschätzungen für die Umsetzung und den Betrieb. Allerdings wird durch zu enge Vorgaben ggf. Potenzial verschenkt, welches sich durch alternative Umsetzungen ergeben könnte, die bspw. auf Best-Practice Ansätzen basieren.

Besonderes Augenmerk verdienen im Zusammenhang mit ECM die Themenbereiche prozessuale Schnittstellen sowie Integrationsfunktionen aufgrund des Charakters von ECM als zentrale Komponente innerhalb einer Unternehmensarchitektur.

Darüber hinaus sind im Rahmen von ECM selbstverständlich die regulatorischen Gesichtspunkte zu betrachten, die sich aus gesetzlichen Rahmenbedingungen, bspw. aus der DSGVO und den Rechnungslegungsvorschriften, ergeben: Dokumentation und Nachvollziehbarkeit der Bewirtschaftungsprozesse sowie Schutz und Unveränderbarkeit der Dokumente. Hierbei sollten auf jeden Fall auch vertragliche Verpflichtungen gegenüber Geschäftspartnern einbezogen werden. Beispielhaft seien hier die Verpflichtungen aus Zertifizierungen wie den diversen einschlägigen ISO-Normen genannt, oder branchenspezifische Themen wie TISAX.

Teil 2 über Einflussfaktoren der User Experience und TCO-Betrachtung erscheint in Kürze.

Fragen, Feedback und Kommentare zu diesem Beitrag senden Sie bitte an t.hanack@acent.de

Tim Hanack | 28.11.2019

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