S/4HANA 2020
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S/4HANA 2020

In diesem Beitrag werfen wir einen kurzen Blick auf das neueste Release S/4HANA 2020 und die aktuellen Aktivitäten der SAP.

Bereits im letzten Jahr hat die SAP eine S/4HANA Cloud Extended Edition, Single Tenant Edition angekündigt und nun zusammen mit den Cloudpartnern RISE veröffentlicht – ein Angebot, um einen neuen Schub in die S/4HANA Transformation bei den Kunden zu bringen. Mit der Private Cloud erweitert SAP ihre Angebote für S/4HANA um ein im Gegensatz zu SAP HEC standardisiertes Cloud Modell mit einem neuen Betriebs- und Lizenzmodell. Das hört sich nach einem vielversprechenden Angebot an.

Schauen wir einmal genauer auf die aktuelle Lösung S/4HANA 2020. Neu ist schon einmal die Nutzung der Jahreszahl statt yymm im Namen der jährlichen Releases.

Mit S/4HANA 1511 startet 2015 die Neuentwicklung der SAP Business Suite in eine neue Ära. Die SAP verfolgt damit 3 strategische Ziele:

  1. Cloud SaaS
  2. Grundlegende Modernisierung des ERP Software-Stacks (HANA DB, FIORI, etc.)
  3. Und beides natürlich unter kontinuierlicher Bereitstellung neuer Innovationen in Richtung digitaler und optimierter Prozesse sowie neuer Technologien

Diese drei Ziele und deren Implementierung in Einklang zu bringen, erfordert viele Einzelschritte. Mit S/4HANA im neuesten Release 2020 sind diese aber noch lange nicht abgeschlossen.

Die Cloud First Strategie hat für die SAP in ihrer finalen Umsetzung einen ganz klaren wirtschaftlichen und komplexitätsreduzierenden Nutzen. Lizenzen pro User und Monat (als eines der möglichen Lizenzmodelle) bieten einen kalkulierbaren und kontinuierlichen Zahlungseingang und durch die zentrale Bereitstellung der Software in der Cloud entfällt die parallele Wartung vieler verschiedener Softwarestände, womit heute noch tausende Entwickler beschäftigt sind. Zugekaufte Produkte wie Successfactors, Ariba, Concur etc. lassen sich zusätzlich verkaufen und mittels vorgefertigter Integration Packages über die SAP Cloud Plattform integrieren. Das funktioniert für viele Standardprozesse und zur Datenintegration, z.B. Partnerstammdaten synchron zu halten, recht gut. Für individuelle Integration mit Nicht-SAP-Produkten ist hier jedoch einiges an Arbeit zu leisten. Ob die Cloud Strategie in welcher Tiefe für den Kunden von Nutzen ist, ist eine der strategischen Fragestellungen jeder S/4HANA Einführung. Eingebettet ist diese Fragestellung in die grundlegende Enterprise Architektur, die strategische Fragestellungen zur Zielarchitektur von SAP und den umgebenden Anwendungen beantwortet. S/4HANA ist der Anlass für grundlegende Richtungsentscheidungen.

Die Modernisierung der ERP Plattform ist neben der Cloud überlebenswichtig für einen Softwarehersteller und diesen Weg geht die SAP sehr konsequent. Den Netweaver Stack gibt es nun praktisch komplett als Komponenten der SAP Cloud Platform und beides zusammen vermarktet SAP nun als SAP Business Technology Platform (BPT).

Die Modernisierung des ERP-Softwarestacks erfolgt neben der allgemeinen Cloud Readiness mit Schwerpunkt auf die SAP HANA In Memory Datenbank und das User Interface.

  • Während im ERP noch eine Vielzahl redundanter Tabellen eingesetzt werden mussten, um bestimmte Operationen zu beschleunigen, sind diese in einer In Memory DB nicht mehr notwendig. Diese redundanten Tabellen finden sich in S/4HANA nicht mehr, entschlacken so Datenbank und Code und sorgen für ein „leichteres“ ERP. Allerdings erst im Endszenario: In der Übergangszeit muss ein eigenes Datenlayer dem ERP das alte Datenmodell vorgaukeln, damit noch nicht nach HANA migrierter Code weiter im sogenannten „Compatibility Mode“ lauffähig ist. Nach und nach kommen Komponenten hinzu, wie jüngst ein integriertes SAP CRM als Customer Management Modul und Ersatz für CS/SD und im nächsten Release auch das SAP HCM auf SAP HANA.
  • Das User Interface ist die zweite Baustelle. Mit SAP FIORI 3 und digitalen Assistenten stehen interessante neue Technologien bereit, deren Entwicklung bereits einige Zeit vor S/4HANA und auf Kundendruck hin startete. Eine Software, die sich im „Responsive Design“ auf jedes Endgerät unterschiedlicher Größe anpasst und im Browser oder als App läuft, ist heute Standard, Spracheingabe und weitere intelligente Szenarien im Bereich Virtual Reality ebenso. Dennoch bleibt die SAP auch mit S/4HANA 2020 und der Umsetzung im Bereich SAP FIORI 3 hinter den Erwartungen der Kunden zurück. Immer noch ist es schwierig, für alle Benutzerrollen ein User Interface anzubieten, das auf jedem Endgerät läuft. Eine SAP GUI for HTML oder Webdynpro Anwendungen erwartet i.d.R. eine bestimmte Displaygröße. Diese noch immer vorherrschende Technologie versteckt sich mit leichter optischer Anpassung in der FIORI Apps library. Zwar lassen sich alle dort aufgeführten Apps im SAP FIORI Launchpad aufrufen, zeigen aber nach wie vor die Heterogenität der Software im User Interface sowohl im Look wie im Feel. So sind auch im neuesten Release 2020 von den Apps der FIORI Apps Library nur ca. 20 % echte neue HTML5 Apps mit responsivem Design dabei. Daran erkennt man, dass der Gestaltung der UX Strategie und der gezielten Differenzierung, welche User mit welchen Endgeräten und User Interfaces auszustatten ist, immer noch eine wichtige Aufgabe in jedem S/4HANA Projekt zukommt. Ein eigener Stream UX-Architektur&Design ist vonnöten und inzwischen bei unseren Kunden auch eine Projektrolle, die allgemein akzeptiert wird.
  • Im Bereich Analytics bietet SAP nicht nur das durch die HANA DB embedded analytics, sondern eine Vielzahl von neuen Cloudprodukten für Analytics und Data Warehouse. Für Kunden, die eine lange Historie mit BW haben, ist dies ein paralleles Projekt, für andere vielleicht nur ein eigener Stream im S/4HANA Migrationsprojekt.

Ganz wesentlich für jedes neue Release sind neue Funktionalitäten. Diese müssen bewertet werden und zusammen mit den Änderungen, die durch die Umstellung auf die HANA DB in der sogenannten Simplification-List dokumentiert sind, funktional bewertet und bei einer Greenfield oder Brownfield-Umsetzung implementiert werden. Die SAP entwickelt alle Software inzwischen agil und im Cloud-First Ansatz. Vierteljährlich erscheinen neue Cloud-Releases und diese werden dann im einmal jährlich gebündelten Any-premise Release – so wie jetzt im S/4HANA 2020 – auf den Markt gebracht. Aber nicht nur die eigene Entwicklungsreihenfolge muss bei der Priorisierung der Anforderungen berücksichtig werden, sondern auch der Wunsch der Anwender. So hat die SAP jüngst das End of Life für die Business Suite 7 und weitere Produkte um 2 Jahre auf Ende 2027 verlängert. Auch wegen Corona sind die Kunden noch nicht so weit, wie SAP es gerne hätte. All diese Maßnahmen ermöglichen damit Kunden, die für sich wenig Nutzen aus den neuen Funktionalitäten sehen, ihre alten Systeme noch etwas länger zu behalten oder auch reine Conversion Projekte durchzuführen. Die meisten Kunden hingegen entscheiden sich für Greenfield Implementierungen, harmonisieren dabei Ihre IT-Landschaften und suchen gezielt nach funktionalen Verbesserungen. Wesentliche funktionale Neuerungen von 2020 finden sich in allen Bereichen und sind sehr gut beschrieben im Blog der SAP SAP S/4HANA 2020 Release | SAP Blogs. Diese zu bewerten, ist im Vorfeld jeder Einführung notwendig durch einen Mix aus Key Usern des Kunden und Industry Experts.

Die oben dargestellten Bereiche zeigen nur einige Aspekte, die es bei einem Umstieg auf S/4HANA zu berücksichtigen gilt. Nutzenpotentiale lassen sich daraus aus unserer Erfahrung praktisch für jeden Kunden erzielen. Ohnehin ist der Umstieg für SAP-Kunden nicht mehr eine Frage des ob, sondern nur des wann und wie und hier gibt es viele Optionen zu bewerten und strategische Fragestellungen zu beantworten wie z.B. bei der Auswahl des Implementierungspartners sowie im Bereich Projektmanagement und Enterprise Architektur.

Fragen, Feedback und Kommentare zu diesem Beitrag senden Sie bitte an j.czerny-kiene@acent.de

Jutta Czerny-Kiene | 19.02.2021

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